(in Arbeit)
Sozialfürsorge und Heilpädagogik für
Behinderte in den USA und Japans Gesetz zur Beschäftigungsförderung für
Behinderte
Mariko ITO, Takeshi MATSUISHI
Yokohama National University, Faculty of
Education and Human Sciences, Department of Disability Studies
Zweck dieser Studie
Das Gesetz zur Beschäftigungsförderung für Behinderte wurde im April 2006 verabschiedet. Die Ziele dieses neuen japanischen Gesetzes bestehen darin, Arbeitsplätze für Menschen mit geistiger Behinderung bereitzustellen, die Unterstützung für diese Menschen vom Sozialsystem auf das Versicherungssystem zu verlagern und Behinderten und ihren Familien den Schritt in die Unabhängigkeit zu erleichtern.
In den USA leitete die Clinton-Regierung 1996 unter dem Slogan „the end of welfare as we know it“ (etwa: Schluss mit der herkömmlichen Sozialfürsorge) eine umfassende Sozialreform ein. Die neue US-Philosophie der „Fürsorge durch Beschäftigung“ hatte bedeutende Auswirkungen und führte dazu, dass selbst einige der fortschrittlichsten Nationen in Skandinavien und im übrigen Europa eine neue Sozialpolitik mit Schwerpunkt auf Arbeitsplätzen für Behinderte einführten. Japan bildet bei diesem weltweiten Trend keine Ausnahme, da die Politik der „Fürsorge durch Beschäftigung“ auch weitreichende Anwendung auf das Gesetz zur Beschäftigungsförderung für Behinderte fand. Der Zweck dieser Studie besteht darin, problematische Aspekte des Gesetzes zur Beschäftigungsförderung für Behinderte und des Umgangs mit Behinderten in Japan zu ermitteln, aufzudecken und zu untersuchen und dazu die Geschichte und die Hintergründe des Umgangs mit geistig Behinderten in den USA zum Vergleich heranzuziehen, der stets auf dem „Geist der Unabhängigkeit“ beruhte.
Ergebnis und
Analyse
Im Verlauf der Geschichte von Sozialfürsorge und Heilpädagogik
für Behinderte in Amerika hat sich der Status dieser Behinderten in der
Gesellschaft immer wieder verschoben, von „Heiligen“ zu „einer Last für die
Gesellschaft“ zu „Menschen, die eine besondere Ausbildung benötigen, um
produktiv zu sein“ zu „nicht Ausbildungsfähigen“ zu „einer Gefahr für die
Gesellschaft durch ihre Assoziation mit Verbrechen und anderen Problemen“ zu
„einem Problem der Nation aus der Sicht der Eugeniker“ zu „Hoffnungsträgern, die
ausgebildet und beschäftigt werden können“ und schließlich zu „einer Belastung
für ihre Familien“. Behinderte und ihre Familien haben in den USA nie einen
festen Sozialstatus erhalten, da die Einstellung der Gesellschaft zu ihnen
aufgrund wechselnder sozialer und wirtschaftlicher Umstände von Generation zu
Generation ständigen Veränderungen unterworfen war. Schuldgefühle und
psychologischer Druck haben stets zu einer Belastung für die Familien von
Behinderten geführt. Trotz der Kritik an unmenschlichen Praktiken in
Einrichtungen für Behinderte und der aktiven Proteste, die während der
Bürgerrechtsbewegung und durch Elternverbände stattfanden, erreichte die Zahl
Behinderter in Heimen und Anstalten in den 1960er und 1970er Jahren ihren
Höhepunkt. Es mag wie ein Widerspruch klingen, doch diese Tatsache illustriert,
dass die Betreuungsstätten den Familien einen Ausweg aus Vorurteilen und
gesellschaftlicher Entfremdung boten, während die Behinderten selbst den zu
hohen Erwartungen ihrer Eltern und einem niedrigen Selbstwertgefühl entfliehen
konnten. Die sensationelle Theorie der Eugenik und der Durchführung von
Intelligenztests, hinter der das Konzept der Normalisierung stand, wurde von der
Bevölkerung begeistert aufgenommen. Eine solche Philosophie führt jedoch leicht
zu Missverständnissen und lieferte in vieler Hinsicht die perfekte
Entschuldigung für jede Verzerrung der Wahrheit durch immer neue Regierungen.
Die Schließung von Heimen und Anstalten wurde zwar oft als Erfolg für die
Bürgerrechtsbewegung und die Normalisierungsbemühungen angesehen, doch
tatsächlich waren eher Budgetstreichungen dafür verantwortlich. Die
Lebensbedingungen Behinderter in den USA nach der Aufhebung vieler
Betreuungsstätten sind mit zahlreichen Problemen verbunden, darunter
Misshandlung und das Fehlen geeigneter Umgebungen, die keine andere Wahl lassen
als eine Rückkehr in eine Anstalt oder die Betreuung durch Familienmitglieder,
und die Schwierigkeit vieler Betreuungsstätten, ausreichend qualifizierte
Mitarbeiter zu finden.
Nach der Definition eines Sozialstaates durch Andersen
(1999) sind die USA eine liberale Nation, in der individuelle Anstrengungen und
marktorientierte Antworten auf Sozialprobleme anderen Lösungen vorgezogen
werden. Japan stellt eine Kombination aus konservativen und liberalen Prinzipien
dar, die sich in seinem Versicherungssystem und Familienorientiertheit zeigt.
Japans Gesetz zur Beschäftigungsförderung für Behinderte, das als
Versicherungssystem etabliert wurde, erlegt den Behinderten und ihren Familien
eine unverhältnismäßig hohe Sozialverantwortung auf. Das ist die konservative
Seite des japanischen Sozialsystems, während Merkmale wie Sozialhilfe und
finanzielle Unterstützung auf der Basis von Bedürfnissen statt Rechten,
beschäftigungsbegleitende Sozialleistungen, Einkommensprüfungen zur Freistellung
und die Wahrnehmung von Leistungen in Form individueller Verträge als
liberalistische Aspekte angesehen werden. Aufgrund gewisser Übereinstimmungen
mit dem System der USA könnte Japan vor den gleichen Probleme stehen, denen sich
jetzt die Vereinigten Staaten gegenübersehen. Das japanische Gesetz zur
Beschäftigungsförderung für Behinderte weist folgende problematische Aspekte
auf: Erstens ist es kein nutzerorientiertes System, denn die Unterstützung wird
anhand der Klassifizierung von Behinderungen geleistet, in die alle Behinderten
systematisch eingeordnet werden. Da das Ziel darin besteht, eine
Erwerbstätigkeit für sie zu finden, sind die Unterstützung und die finanziellen
Leistungen auf die Ausbildung ausgerichtet und in ihrem Umfang begrenzt. Ein
solches System kann dazu führen, dass sich Kollegen und Beamte den
Leistungsempfängern gegenüber autoritär verhalten. Die Teilnahme der Behinderten
an gesellschaftlichen Veranstaltungen und Freizeitgestaltung wird zwar
empfohlen, die Unterstützung solcher Aktivitäten für Behinderte wird jedoch
nicht als wichtig genug erachtet, um konkret durchgesetzt zu werden. Zweitens
wird die finanzielle Hilfe tageweise ausgezahlt. Durch diesen Zahlungsmodus
verringern sich die Beträge für die unterstützenden Einrichtungen, die daraufhin
ihre Personalkosten senken müssen. Das System der „Umwandlung von
Vollzeitbeschäftigung“ unterstützt die Einstellung von Teilzeitkräften, die für
ein niedrigeres Gehalt arbeiten, doch dadurch entsteht wiederum ein Problem bei
der „Dienstgüte“: Das System erschwert die Einstellung von Fachkräften, die sich
im Bereich der Behindertenarbeit engagieren wollen, und darunter kann die
Qualität der Betreuung leiden. Ein Mangel an Fachkräften und eine geringere
Dienstgüte durch Einsparungen bei den Personalkosten sind auch in den USA ein
ernsthaftes Problem. Drittens hängt die Bereitstellung von Pflegeplätzen für
jeden Einzelnen von der Klassifizierung seiner Behinderungsstufe ab, daher
werden Menschen mit leichter geistiger Behinderung wieder in die Gemeinschaft
entlassen. Dass die Gemeinschaft Behinderten immer die beste Unterstützung
bietet, ist jedoch ein Irrtum. Die beste Umgebung für Behinderte kann eine
Betreuungsstätte sein, in der man sich human gemäß Zigler (1986) um sie kümmert.
Lässt man sie dagegen ohne ausreichende Unterstützung außerhalb von
Betreuungsstätten in der Gemeinschaft allein, besteht das Risiko, dass geistig
Behinderte misshandelt werden, Verbrechen zum Opfer fallen oder selbst kriminell
werden. Tatsächlich herrscht ein deutlicher Mangel an Sozialmaßnahmen für
Menschen mit leichter geistiger Behinderung, die in der Gemeinschaft leben und
arbeiten. Hinzu kommt noch, dass geistige Behinderung Ende des 19. Jahrhunderts
sowohl in den USA als auch in Japan mit Kriminalität in Verbindung gebracht
wurde. Falsche Auffassungen dieser Art dürfen nie wieder auftreten.
Literaturverzeichnis
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