Eine klinische Studie der Intervallform von Kohlenmonoxidintoxikation

Takeshi MATSUISHI1), Tatsuro NAGASAKI2), Nobuo KIRIIKE3), Anne MILLAR1)

1)Nationale Universität Yokohama, Fähigkeit der menschlichen Wissenschaft
2)St
ädtisches Krankenhaus von Fujisawa, Abteilung der Psychiatrie
3)Osakastadtuniversit
ät, Fähigkeit von Medizin, Abteilung der Psychiatrie


Abstract
Es wird eine Langzeitstudie von 4 Fällen der Intervallform der Kohlenmonoxidintoxikation (CO-Intoxikation) samt den Ergebnissen von Computertomografien (CT) und Magnetresonanztomografien (MRT) vorgestellt. Das Luzidintervall, welches das Intervall zwischen der akuten Phase der Vergiftung und dem Auftreten verzögerter neurologischer Folgeerscheinungen beschreibt, schwankte zwischen 17 und 32 Tagen. In allen vier Fällen bestanden die charakteristischsten Symptome aus geistigem Verfall, Urin- und Fäkalinkontinenz, Gehstörungen sowie Mutismus. In zwei der Fälle traten andere neuropsychologische Symptome wie räumliche Agnosie, Fingeragnosie und Bekleide-Apraxie auf.
CT-Scans in 3 von 4 Fällen ergaben, dass eine niedrige Dichte an weißer Hirnsubstanz im Stirnhirnlappen
als neuropathologisches Substrat involviert ist. In dem einem Fall, dessen CT keine abnormalen Anzeichen der weißen Gehirnmasse aufwies, wurde mit MRT untersucht. In der periventrikulären Region des Stirnhirnlappens wurde ein Bereich mit Abnormität festgestellt.

Einführung.
Im Jahr 1906 beschrieb Sibelius C. als erster die Intervallform der Kohlenmonoxidintoxikation als eine Serie von neurologischen Symptomen, welche im Anschluss an eine Periode klaren Verstands von variabler Dauer nach der akuten Phase der Intoxikation auftreten. Klinisch ist sie durch verschiedene neurologische und psychologische Symptome gekennzeichnet, zu deren häufigsten Gehstörungen, geistiger Verfall, Urin- und Fäkalinkontinenz sowie Mutismus zählen.
In der Intervallform der Kohlenmonoxidvergiftung ist die weiße Hirnsubstanz des Stirnhirnlappens betroffen. Einige vertreten die Ansicht, dass die Hypoxie den pathologischen Hauptfaktor darstellt; das allein kann jedoch die zur Demyelinisierung führenden Veränderungen nicht erklären (Brierley und Graham, 1984). Es wird angenommen, dass CO einen bestimmten zytotoxischen Effekt hat und die als Grinker-Myelinopathie bekannten Beschwerden sowie eine Reduktion des Blutflusses hervorruft (Ginsberg et al.,1974).
In der Literatur wird der Intervallform der CO-Intoxikation wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Zur Hervorhebung dieser ernsten Form der Vergiftung präsentieren die Autoren vier Fälle im Detail. Zur Untersuchung der im Gehirn eingeleiteten degenerativen Veränderungen wurden CT und MRT eingesetzt, um die Pathogenese dieser Form der CO-Intoxikation zu durchleuchten.
Darüber hinaus untersuchen die Autoren die therapeutische Wirkung von Sauerstoff bei hohem Druck oder der hyperbare Sauerstofftherapie, welche in der Vergangenheit auf die Behandlung der Akutformen der CO-Intoxikation beschränkt war, bei der Behandlung der Intervallform jedoch viel versprechende Anzeichen zeigt.

FALLBERICHTE
FALL 1.
Ein 57-jähriger Mann namens B.J. litt aufgrund eines geschäftlichen Misserfolgs seit einem Jahr an Depressionen. Am 5. Juni 1984 unternahm er durch Einatmen von Autoabgasen einen Suizidversuch. Während der Ausführung änderte er seine Absicht und bat in seinem benommen Zustand einen Vorbeikommenden um Hilfe. Er wurde sofort ins Krankenhaus gebracht. Bei seiner Aufnahme war sein neurologische Befund normal und er blieb mit Ausnahme gelegentlicher Perioden, in denen er ins Delirium abglitt, bei Bewusstsein.Nach 5 Tagen wurde der Patient entlassen.
Der geistige Wachzustand des Patienten hielt 31 Tage an, bis sich die für die Intervallform der CO-Vergiftung charakteristischen Symptome einstellten. Zunächst traten bei dem Patienten Urin- und Fäkalinkontinenz, Mutismus und Gehstörungen auf. Der Zustand des Patienten verschlechterte sich zusehends, binnen einer Woche verfiel er in einen beinahe vollständig apallischen Zustand (Kretschmer 1940). Zu diesem Zeitpunkt wurde er wieder stationär aufgenommen. Bei der neurologischen Untersuchung reagierte er nicht auf Stimuli und konnte nicht sprechen. In den oberen Gliedmaßen war prominent beidseitiges Gegenhalten vorhanden, auch konnten primitive Reflexe wie Greif- und Saugreflexe hervorgerufen werden. Tiefe Sehnenreflexe waren vorhanden und z.T. übertrieben, auch gab es beim Patienten positive Babinski-Zeichen. Es wurde keine Störung des Schluckmechanismus festgestellt. Der Schlafzyklus des Patienten war unverändert. Lungen- und Herz-Kreislaufsystem waren nicht beeinträchtigt. Labortests ergaben mit Ausnahme einer Infektion der unteren Harnwege keine Komplikationen im Viszeralbereich.
Der Patient blieb zwei Monate in stationärer Behandlung. Während dieses Zeitraums blieb sein Zustand unverändert. Gelegentlich formte er einfache Worte wie "Ja" oder "Guten Morgen". Er konnte seine Gliedmaßen in begrenztem Umfang wieder bewegen, hatte jedoch Schwieirigkeiten, eine aufrechte Haltung zu bewahren und neigte dazu, seine Wirbelsäule zu dehnen. Es war eine Zunahme der Libido festzustellen; der Patient berührte kontinuierlich seine Genitalien. In einem bei seiner Aufnahme durchgeführten CT-Scan konnte ein diffuser Bereich geringer Dichte festgestellt werden, der sich in der weißen Masse des Zerebrums raumgreifend ausdehnte. Diese Ergebnisse waren nach zwei Monaten unverändert. Im EEG wurden Delta- und Thetawellen mit niedriger Spannung festgestellt. Alphawellen konnten nicht festgestellt werden. Bei einem nach einem Jahr vorgenommenen CT-Scan zeigte sich, dass sich die diffuse Atrophie des Hirns und der Bereich niedriger Dichte ausschließlich auf den Stirnhirnlappen beschränkt hatte.
FALL 2
M.C., ein gesunder 51-jähriger leitender Angestellter eines Unternehmens, wurde am 23. März 1984 in ein Krankenhaus aufgenommen, nachdem er in komatösem Zustand aufgefunden worden war. In der Nacht vom 22. zum 23. wurde M.C. nach dem übermäßigen Genuss von Alkohol in seinem Auto ohnmächtig. Das Auto war in einer Garage geparkt, der Motor lief. Am folgenden Morgen wurde er entdeckt und sofort in ein Krankenhaus eingeliefert.
Bei seiner Aufnahme zeigten sich in einem CT-Scan Bereiche niedriger Dichte im Pallidium und in der inneren Kapsel. Im EEG zeigten sich diffuse Thetawellen von mäßiger Amplitude und einer Frequenz von 6Hz. Alphawellen waren nur selten festzustellen. Der Patient wurde sofort einer Sauerstoff-Hochdrucktherapie unterzogen; diese musste jedoch nach der ersten Anwendung wegen der Entwicklung eines Lungenödems abgebrochen werden. Allmählich wurde der Patient zunehmend wacher. Nach einer Woche schien es, dass er vollständig geheilt war. In einem zu diesem Zeitpunkt vorgenommenen CT wurden ähnliche Anzeichen der Heilung samt einer Abnahme des Bereichs mit niedriger Dichte im Pallidium und in der inneren Kapsel verzeichnet. Im EEG zeigten sich okzipital dominante Alphawellen von 9 Hz mit moderater Amplitude (40 - 80 mmvol.). Hyperventilation rief einen mäßigen Anstieg der Thetawellen hervor.
Der geistige Wachzustand des Patienten hielt 31 Tage an, bis sich neurologische Komplikationen einstellten. Es traten Mutismus und Urininkontinenz auf. Eine Demenz griff rasch um sich. Zum 18. April konnte er nur mehr auf seinen Namen reagieren. Er konnte mit fremder Hilfe gehen, neigte jedoch stark dazu, sein Rückgrat zu dehnen und lehnt sich häufig nach hinten. Inertie war markant. Der Patient nahm über lange Perioden abnormale Haltungen ein. Mithilfe des Würfeltests von Korse wurde beim Patienten ein IQ von unter 33 festgestellt.
In den ersten Wochen der Intervallform der CO-Vergiftung wurde der Patient einer Sauerstoff-Hochdrucktherapie unterzogen. Er wurde in 10 Therapiesitzungen täglich behandelt, danach wurde die Therapie abgesetzt, da sie als wirkungslos eingestuft wurde. Am 4. Mai wurde er in ein Krankenhaus für langfristige Rehabilitation überstellt. Die Urininkontinenz verschwand und sein Gang wurde sicherer, das Parkinson-Syndrom blieb jedoch bestehen. Einige Monate später traten bestimmte neurologische Symptome auf. Die hervorstechendsten waren Bekleide-Apraxie, räumliche Agnosie, Fingeragnosie, Dyskalkulie und konstruktive Apraxie auf.
Am 14. August wurde sein IQ anhand eines WAIS-Tests auf 59 geschätzt. In einem am 9. August durchgeführten EEG zeigten sich okzipital dominante langsame Alphawellen mit einem bestimmten Grundrhythmus. Zum 9. November war sein EEG normal. In einem CT-Scan stellte sich der Bereich mit geringer Dichte im Pallidium und in der inneren Kapsel verkleinert und schärfer abgegrenzt dar. Obwohl in der CT keine Abnormitäten der weißen Hirnsubstanz festgestellt wurden, zeigten sich im MRT-Scan deutlich feststellbare abnorme Bereiche in der periventrikulären Region des Stirnhirnlappens, die auf eine Demyelinisierung der weißen Hirnsubstanz hindeuteten. Darüber hinaus ließ sich eine hauptsächlich auf der Atrophie der weißen Hirnsubstanz beruhende diffuse Atrophie des Hirns feststellen. Nach weiteren 8 Monaten befand sich der Patient weiterhin in einem Demenzzustand und wies im Test einen IQ von 71 auf. Am 26. Dezember wurde er aus dem Krankenhaus entlassen. Gegenwärtig wohnt er bei seiner Frau, er ist in seinem euphorischen Zustand verblieben und es gibt wenig Hoffnung, dass er zu seiner früheren beruflichen Tätigkeit zurückkehren kann.
FALL 3.
Ein 47-jähriger Mann namens S.M. befand sich aufgrund von Eheproblemen in einem depressiven Zustand. Am 21. August 1987 versuchte er einen Suizid, indem er sich mit Autoabgasen vergiften wollte. Er wurde 4 Stunden später in komatösem Zustand entdeckt. Der Patient blieb 72 Stunden lang bewusstlos und erlangte anschließend nach und nach sein Bewusstsein. Nach einem Intervall von 17 Tagen bei klarem Verstand wurde er ruhelos und begann ziellos umherzuwandern. Eine Woche später hatte er Schwierigkeiten beim Gehen, seine Bewegungen erfolgten verzögert und mutistisch. Anschließend verfiel er in einen apallischen Zustand und wurde in ein Krankenhaus eingewiesen.
Bei der neurologischen Untersuchung anlässlich der Aufnahme zeigten sich übertriebene beidseitige tiefe Sehnenreflexe und Muskelrigidität in allen Gliedmaßen. Ebenso war Urin- und Fäkalinkontinenz feststellbar. Der Patient wurde sofort einer Hochdruck-Sauerstofftherapie unterzogen und war nach 9 Therapiesitzungen imstande, eine Unterhaltung zu führen. Zu diesem Zeitpunkt manifestierte sich beim Patienten das Korsakow-Syndrom samt bestimmter neuropsychologischer Syndrome. Auch war eine Zunahme der Libido des Patienten festzustellen. Nach 20 Therapiesitzungen der Hochdruck-Sauerstofftherapie verschwand die Inkontinenz des Patienten, die Behandlung musste jedoch aufgrund finanzieller Einschränkungen eingestellt werden. S.M. wurde entlassen und in eine psychiatrische Einrichtung überstellt.
Aus den EEG- und CT-Ergebnissen des Patienten sind folgende Muster erkennbar: Beim Ausbruch der verzögerten neurologischen Komplikationen zeigten sich im EEG Delta- und Thetawellen mit moderater Amplitude in der Frontalregion. Beim CT-Scan wurde ein Bereich mit geringer Dichte der weißen Hirnmasse im Stirnhirnlappen festgestellt. Am 3. Oktober stellte sich im EEG ein Muster von rascheren Wellen mit niedrigerer Amplitude ein; zum 23. Oktober wurden Alphawellen von mäßiger Amplitude mit einer Frequenz von 10Hz verzeichnet. Bei nachfolgenden CT-Scans ergab sich, dass der Bereich geringer Dichte im Stirnhirnlappen deutlich angewachsen war. Zu keiner Zeit wurden Bereiche niedriger Dichte in der grauen Hirnmasse beobachtet.
FALL 4.
D.S., ein 44-jähriger Mann, war tief verschuldet. Am 25. Januar 1982 versuchte er sich durch Einatmen von Autoabgasen das Leben zu nehmen. Sechs Stunden später wurde er in komatösem Zustand aufgefunden, der weitere zwei Stunden andauerte. Nach einer symptomfreien Periode von 32 Tagen begann eine Zeit mit Urininkontinenz und Gehstörungen. Der Patient verfiel in einen apallischen Zustand und wurde am 10. März für eine Hochdruck-Sauerstofftherapie stationär aufgenommen.
Der neurologische Test bei der Aufnahme ergab, dass der Patient mutistisch war. Er zeigte primitive Reflexe, auch Gegenhalten war vorhanden. Ebenso hatte der Patient ein positives beidseitiges Pyramidenzeichen. Nach einigen Therapiesitzungen mit Hochdruck-Sauerstoff konnte D.S. auf seinen Namen reagieren und mit fremder Hilfe essen. Er wurde allmählich selbständiger und gewann die Bewegungsfähigkeit seiner Gliedmaßen zurück. In sitzender Haltung neigte er dazu, sein Rückgrat auszudehnen; sein Körper wurde sehr steif. Das Korsakow-Syndrom war vorhanden und dauerte 2 Wochen. Am 20. März hatte er 8 Sitzungen der Hochdruck-Sauerstofftherapie absolviert und war zu einfachen Gesprächen imstande. Nach 11 Sitzungen konnte er trotz des vorhandenen Parkinson-Syndroms langsam gehen. Es wurden verschiedene neuropsychologische Symptome wie visuell-räumliche Agnosie, Bekleide-Apraxie und konstruktive Apraxie beobachtet, die nach einem Monat verschwanden. Der Patient wurde vollständig geheilt und kehrte an seine frühere Arbeitsstelle zurück. Die EEG-Ergebnisse waren wie folgt: Bei der Aufnahme wurden Deltawellen mit hoher Spannung in der Frontalregion verzeichnet, am 30. April jedoch war das EEG normal. Auf ähnliche Weise dokumentierte sich die Heilung des Patienten in den CTs. Bei der Aufnahme wurde im Stirnhirnlappen ein hervorstechender Bereich von geringer Dichte wahrgenommen, der jedoch allmählich verschwand. Zum 20. Juni wurden mit Ausnahme einer leichten Dilatation des 4. Ventrikels praktisch keine Abnormitäten festgestellt.

BETRACHTUNG

Das neuropathologische Substrat ist bei der akuten Form der CO-Vergiftung diffus im Zentralnervensystem verstreut. Garland und Pearce (1967) stellten bei ihren Untersuchungen von Opfern im Rahmen der Leichenschau eine Häufung von Bereichen mit niedriger Dichte in bestimmten Regionen der grauen Hirnmasse, insbesondere im Pallidium, den Basalganglien, dem Hippokampus und der Purkinje-Zellschicht des Zerebellums fest. Demyelinisierung und nekrotische Läsionen wurden auch in der weißen Hirnmasse des Zerebrums festgestellt. Darüber hinaus machten sie die Beobachtung, dass keine Kombination neurologischer und psychiatrischer Symptome als spezifisch für die CO-Intoxikation gelten konnte, da alle Kombinationen auch in anderen hypoxischen Zuständen auftreten können.
In dieser Betrachtung konzentrieren wir uns auf die Beziehung zwischen klinischer Präsentation und den CT-Ergebnissen. Sawada et al. behaupten, dass bei Patienten, in deren CT deutlich abgegrenzte Bereiche niedriger Dichte im Pallidium wahrzunehmen waren, die Langzeitprognose ungünstig war. Jedoch findet sich bei Sawada et al. kein Verweis auf die Intervallform der CO-Vergiftung und auf die mit ihr verbundenen neuropathologischen Veränderungen
. Nach den Erkenntnissen in unseren vier Fällen stellt die Intervallform der CO-Vergiftung ein abweichendes klinisches Szenario dar. Im Wesentlichen scheint das neuropathologische Substrat auf die weiße Hirnmasse des Zerebrums, insbesondere auf den Stirnhirnlappen beschränkt zu sein. Man nimmt an, dass Kohlenmonoxid spezifische zytotoxische Wirkungen hat, welche in einem als Grinker-Myelinopathie bezeichneten neuropathologischen Zustand resultieren (Grinker, 1925, Lapresle und Fardeau, 1966). Während der akuten Form eingeleitete degenerative Veränderungen können jedoch in der Intervallform andauern. Sie würden das Vorhandensein von Bereichen mit niedriger Dichte in der grauen Hirnmasse erklären.
Von den vier hier präsentierten Fällen der Intervallform der CO-Intoxikation wird durch drei deutlich belegt, dass sich der pathologische Hauptort in der weißen Gehirnmasse des Zerebrums, vor allem im Stirnhirnlappen befindet. Dies entspricht auch den Erkenntnissen von Yoshii et al. (1980), der die Intervallform der CO-Vergiftung untersucht und ähnliche CT-Ergebnisse beschrieben hat. In den hier präsentierten Fällen werden die Muster oder Anzeichen und Symptome durch die CT-Ergebnisse belegt. Beim Fall 3, S.M., traten nach einer Periode von 17 Tagen mit wachem Verstand die klinischen Merkmale der Intervallform der CO-Vergiftung auf. Beim CT-Scan wurde ein Bereich mit geringer Dichte der weißen Hirnmasse im Stirnhirnlappen festgestellt, welche sich zunehmend vergrößerte. Entsprechend verschlimmerten sich die Symptome des Patienten und er wurde anschließend in eine Nervenheilanstalt eingewiesen. Fall 1 wies ein ähnliches Muster auf. Bei Fall 4, D.S., gab es eine symptomfreie Periode von 32 Tagen, bevor er in einen apallischen Zustand verfiel. Zu diesem Zeitpunkt wurde bei einem CT-Scan ein markanter Bereich mit geringer Dichte der weißen Hirnmasse im Stirnhirnlappen festgestellt. Dieser Patient war insofern einmalig, als er sofort eine Hochdruck-Sauerstofftherapie erhielt, die bis zu seiner vollen Genesung fortgesetzt wurde. Die Genesung des Patienten spiegelte sich in einem CT-Scan wieder, wobei mit Ausnahme einer Dilatation des 4. Ventrikels praktisch keine Abnormitäten feststellbar waren. In der Vergangenheit war der Einsatz der Therapie mit Hochdruck-Sauerstoff auf Patienten mit akuter CO-Vergiftung beschränkt, die hier dargelegten Resultate deuten jedoch auf eine mögliche Rolle dieser Therapie bei der Behandlung der CO-Vergiftung in ihrer Intervallform hin. In Fall 2 ergab sich ein etwas anderes CT-Profil. Während der akuten Phase war der CT-Scan charakteristisch, mit Bereichen niedriger Dichte im Pallidium und in der inneren Kapsel. Mit zunehmender Wiederherstellung des Patienten aus der akuten Phase verkleinerte sich dieser Bereiche niedriger Dichte. Nach einem Intervall von 17 Tagen bei klarem Verstand stellten sich die für die Intervallform der CO-Vergiftung charakteristischen neurologischen Symptome mit Verzögerung ein. Obwohl in der CT keine Abnormitäten der weißen Hirnsubstanz festgestellt wurden, zeigten sich im MRT-Scan deutlich feststellbare abnorme Bereiche in der periventrikulären Region des Stirnhirnlappens, die auf eine Demyelinisierung der weißen Hirnsubstanz schließen ließen. Auch Choi (1983) berichtet über die Ergebnisse von CT-Scans bei Personen, die an der Intervallform der CO-Vergiftung leiden. Von den untersuchten 17 Fällen waren in 5 Fällen beidseitige Bereiche von niedriger Dichte in den Basalganglien feststellbar, 2 Fälle wiesen Bereiche geringerer Dichte in der weißen Gehirnmasse auf, während bei den restlichen 10 keine Abnormitäten verzeichnet wurden. Choi
unterließ jedoch die Untersuchung der Wechselbeziehung zwischen den aufgetretenen Symptomen und den degenerativen Veränderungen im Nervengewebe; es ist daher schwierig, seine Erkenntnisse zu kommentieren. Bedauerlicherweise ist die Anzahl der Fälle, in welchen die degenerativen Veränderungen mit den klinischen Anzeichen in Bezug gesetzt werden, recht niedrig. Aus klinisch-pathologischer Sicht deuten die hier erhaltenen Ergebnisse darauf hin, dass die Läsion der weißen Hirnmasse für die bei der Intervallform der CO-Vergiftung auftretenden klinischen Symptome verantwortlich ist.
Die Rolle der Hochdruck- oder der hyperbaren Sauerstofftherapie bei der Behandlung von Kohlenmonoxidvergiftung darf nicht ignoriert werden (Hyperbare Sauerstofftherapie: Ein Ausschussbericht); sie erfordert sofortige Untersuchung. Viele Autoren haben belegt, dass gesteigerte Teildrücke von O2 die Absonderung von COHb im menschlichen Körper beschleunigen (Britten und Myers,1985, Pace et al.,1950). Auf ähnliche Weise könnte die Wiederherstellung der Mitochondrienfunktion (Brown und Piantadosi,1989) mit der therapeutischen Wirkung von Hochdruck-Sauerstofftherapie in Beziehung stehen. Kürzlich wurde behauptet, dass die Wirkung der Hochdruck-Sauerstofftherapie auf die Beteiligung polymorphonuklearer Leukozyten an durch CO vermittelten neurologischen Verletzungen (Thom, 1993a) zurückzuführen ist. Aus klinischer Erfahrung wird die Hochdruck-Sauerstofftherapie als wirksame Behandlung der akuten CO-Vergiftung betrachtet, obwohl die Wirksamkeit bisher noch nicht wissenschaftlich nachgewiesen wurde. Thom et al. (1995) untersuchten in einer randomisierten kontrollierten Studie die Wirkung der Hochdruck-Sauerstofftherapie in Fällen akuter CO-Intoxikation und stellten dabei fest, dass die Inzidenz neurologische Folgeerscheinungen bei der behandelten Gruppe geringer war.
In Japan wird die Hochdruck-Sauerstofftherapie auch für die Behandlung der Intervallform der CO-Vergiftung angewandt. Nach den in diesem Papier präsentierten Ergebnissen und aus anderen Studien (Kawasaki et al.,1982) würde es scheinen, dass die Behandlung mit Hochdruck-Sauerstoff die wirksamste Methode darstellt, sofern sie sofort bei Ausbruch der Intervallform angewandt wird. Aus diesem Grund ist eine frühzeitige Diagnose von entscheidender Bedeutung. Während des anfänglichen anoxischen Insults oder der Latenzperiode kennzeichnen jedoch keine wie immer gearteten klinischen Anzeichen die Patienten, welche im späteren Verlauf einen Rückfall erleiden werden, gegenüber jenen, bei welchen eine unkomplizierte Genesung eintreten wird. Es scheint jedoch, dass die Intervallform mit einer abnehmenden Dichte der weißen Hirnmasse im Stirnhirnlappen einhergeht.
Mit dem Versuch, die degenerativen Veränderungen und die bei dieser schweren Form der CO-Vergiftung involvierten Mechanismen zu verstehen, wird die Notwendigkeit weiterer umfassender Forschung unterstrichen. Die Magnetresonanztomografie (MRT) ist eine extrem empfindliche Methode zur Entdeckung degenerativer Veränderungen im Gehirn und könnte sich als prognostische Leitlinie zu den Folgen einer Kohlenmonoxid-Intoxikation erweisen.

Literaturhinweis

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(ursprünglich erschienen im Journal of Disability and Medico-Pedagogy, Vol 3, 2001)

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